Flüchtlingshilfe in Wandlitz

Runder Tisch Willkommen

Vorbild „Wandlitzer Modell“

Vorbild „Wandlitzer Modell“
Die Granseer Bürger interessieren sich für das „Wandlitzer Modell“: Frauen des neugegründeten Arbeitskreises Oberhavel
Nord sammeln Ideen für eine Willkommenskultur gegenüber Asylbewerbern.

gransee

Gransee. Vieles von dem, was die Wandlitzer im Nachbarkreis Barnim bei
ihrer ersten Bürgerversammlung zum dort geplanten Flüchtlingsheim
erlebten, kam den Granseern bekannt vor: eine Luft zum Schneiden, viel
Skepsis, viel Kritik und die Sorge vor Kriminalität. Das alles hat es vor
wenigen Wochen auch hier gegeben, als der Landkreis seine Pläne für ein
Asylbewerberheim am Karl-Marx-Platz vorstellte (MAZ berichtete). Die
Frauen des neugegründeten Arbeitskreises Oberhavel Nord waren die ersten,
die sich danach für die Förderung einer Willkommenskultur in der Stadt
aussprachen. Inzwischen werden fleißig Ideen gesammelt.
Einige Anregungen, wie die Annäherung und Integration von Asylbewerbern
gelingen könnte, lieferte bei einem Erfahrungsaustausch am Mittwoch im
DRK-Club die Bürgerbewegung aus Wandlitz. Auch die Menschen der
20000-Einwohnergemeinde wurden 2012 von der Ankündigung überrollt,
dass sie neue Nachbarn bekommen. „Es hieß, es kommen 100 Fremde“,
erinnert sich Mathis Oberhof, Initiator des Wandlitzer Tisches der Toleranz.
Viele Bürger reagierten darauf mit Verunsicherung und Ablehnung. Ähnlich
wie in Gransee gab es mehr Fragen als Antworten und vor allem viel Angst.
„Die muss man ernst nehmen“, so Oberhof. Dass sich die Stimmung in

Wandlitz im Laufe eines Jahres gewandelt habe, und aus dem massiven

Widerstand am Anfang ein Willkommen geworden sei, habe viel mit der Art
des Umgangs zu tun. Gemeinsam mit einem breiten Bündnis sei es gelungen,
Akzeptanz zu schaffen und die Wandlitzer in das Heim zu holen. „Wenn
Begegnung stattfindet, ändert sich die Einstellung“, so Oberhof. Einwohnern
und Flüchtlingen sei es sogar gelungen, einen Aufmarsch von
Rechtsextremen zu stören. „Wir haben so laut gesungen, dass die rechten
Parolen nicht zu hören waren“, erzählt Oberhof. Viele Bürger der Gemeinde
engagierten sich heute in der Flüchtlingsunterkunft, geben
Deutschunterricht, betreuen Kinder, dolmetschen, kochen oder kümmern
sich um die Ausgabe von Kleidung und Spenden, die inzwischen zwei Hallen
füllen.
„Wir kennen die Problematik in Oberhavel natürlich. Aber für Gransee ist sie
neu“, sagte die Ausländerbeauftragte des Landkreises, Birgit Lipsky. Wichtig
sei es, den Einheimischen zu vermitteln, dass da keine Schwerverbrecher
kommen, sondern Menschen, die Hilfe brauchen. In den Köpfen der Bürger
müsse auch klar werden, „dass die Flüchtlinge nicht irgendwo abseits
untergebracht werden können. Sie brauchen eine Infrastruktur“, betonte
Lipsky im Hinblick auf die Standortkritik aus der Bevölkerung.
„Ich glaube, dass die Granseer nicht weniger hilfsbereit sind als die
Wandlitzer. Die Bereitschaft ist wahrscheinlich größer, als man jetzt im
ersten Moment spürt“, sagte Ines Richter von der Familienberatungsstelle.
Auch Helga Krahl glaubt an ein Miteinander in der Stadt ‒ wenngleich die
Granseer dafür noch Zeit bräuchten. „Wir befinden uns noch in Phase eins
und haben mit den Gedanken zu tun, dass dieses Thema auf uns zukommt“,
versuchte die Stadtverordnete die Stimmung in der Stadt zu beschreiben.
Generell sehe sie, so Krahl, noch Gesprächsbedarf zu diesem Vorhaben. „Eine
Versammlung hat nicht gereicht.“ Eine zweite Runde mit Bürgern sei ihres
Wissens nach geplant, einen konkreten Termin dafür gebe es aber noch nicht.
Der Schulleiter des Strittmatter-Gymnasiums, Uwe Zietmann, signalisierte
gestern auf MAZ-Nachfrage, dass sich die Schule an einem Prozess der
Annäherung gerne beteiligen werde. „Das ist unsere humanistische Pflicht“,
sagte er.
Von Cindy Lüderitz

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Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am November 14, 2013 von in Uncategorized und getaggt mit , .